Klett-Themendienst Nr. 107 (06/2022)

Immer häufiger werden Schulhöfe umgestaltet. Sie sollen zum Bewegen animieren, Rückzugsmöglichkeiten bieten und Kindern die Natur näherbringen.

„Die Kinder haben immer gesagt, dass sie sich beim Spielen auf dem Schulhof wie auf der Straße fühlen, wegen des vielen Verkehrs rund um die Schule“, erzählt Schulleiterin Viola Schöneberg und fügt hinzu: „Durch die neue Hecke wird es jetzt kuschliger, es gibt endlich einen Sichtschutz, es entstehen Rückzugsorte und wir tun was gegen Abgase und Lärm.“ Es geht um den Schulhof der Grundschule Christoph-Wilhelm-Hufeland im thüringischen Bad Langensalza. Der wurde für die 110 Schülerinnen und Schüler in eine grüne Oase verwandelt, durch Blühwiesen für Insekten, einen Schulhofgarten mit Gemüseanbau, ein Hochbeet mit Blumen, ein Insektenhotel, einen Barfußgang. Seit kurzem gibt es dort auch neue Spielgeräte. Möglich wurde die Umgestaltung durch die Auszeichnung im Wettbewerb „Zehn grüne Schulhöfe für Thüringen“ des Landes Thüringen und der Deutschen Umwelthilfe in Höhe von 30 000 Euro. „Das ist viel Geld für uns, sonst hätten wir uns das gar nicht leisten können. Bei den Planungen und der Umsetzung haben wir zusammen mit den Kindern viel gearbeitet und auch viel gelernt“, sagt Schöneberg.

Klimafreundliche Orte schaffen

Mit dem Preis sollen Schulen belohnt werden, die sich Gedanken machen, wie man Asphaltwüsten mit wenig Grün und abgenutzten Spielgeräten zu klimafreundlichen Orten machen kann, die zum Bewegen animieren und auch Ruhe und Entspannung bieten. Eine Aufgabe, die auch angesichts zunehmender Hitzebelastung im Sommer immer wichtiger wird. Begrünen, beschatten, entsiegeln lautet folglich das Motto des Wettbewerbs um die besten grünen Schulhöfe in Thüringen (siehe auch www.duh.de/schulhof-thueringen) – ein Wettbewerb, den die Deutsche Umwelthilfe in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Ministerien auch in Hessen, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen durchführt.

Auch die Aktion „Schulhofträume“ des Deutschen Kinder- und Jugendhilfswerks fördert mit jährlich 100 000 Euro die naturnahe Umgestaltung schulischer Außenbereiche (www.dkhw.de/aktionen). 2020 bekam die Grundschule Grambke in Bremen einen dritten Preis in Höhe von 5000 für ihre Konzeption eines Sinnesgartens auf dem Schulgelände. Die Umsetzung ist gerade beendet. Auf einer Freifläche zwischen den Schulpavillons stehen schon länger acht Hochbeete in Holzkisten, gefüllt mit Erdbeeren, Kohlrabi, Erbsen, Salat. Einzelne Klassen sind für die Bepflanzung zuständig, sie kümmern sich auch um das Gießen, Jäten, Ernten und Verwerten. Nicht weit entfernt befindet sich die neue Kompostanlage. „Die Kleinen müssen wir anleiten, wie man die Pflanzen gießt, ohne sie zu ertränken“, berichtet Konrektor Dirk Ostendorff. Er schätzt, dass rund 30 Prozent der rund 200 Mädchen und Jungen zu Hause etwas Erfahrung mit Gartenarbeit hat.

Im Sinnesgarten soll das Tasten, Riechen, Schmecken, Balancieren und Hören angeregt werden. Man kann von Baumstamm zu Baumstamm springen, über Steine laufen, sich in ein Tipi zurückziehen, an Kräutern reiben und riechen und sie auch zu Essbarem verarbeiten. „So soll die Wertschätzung für Lebensmittel größer werden“, hofft Ostendorff. Ein Wasserspiel ist geplant, auch ein großes Xylophon soll noch aufgestellt werden. Ein grünes Klassenzimmer hat nebenan unter freiem Himmel seinen Platz – vier Tische mit Bänken drumherum ermöglichen draußen den Unterricht bei gutem Wetter.

„Es sieht hier schön aus und es ist ruhiger als auf dem Schulhof, das gefällt mir“, sagt Alisa. „Wir sind einmal die Woche mit unserer Klasse im Sinnesgarten, ich würde gerne noch häufiger kommen“, erzählt Lucas. Jonathan ergänzt: „Es macht Spaß, neue Blumen kennenzulernen. Außerdem habe ich gelernt, wie man Erdbeeren, Kürbisse und Bohnen pflanzt.“ Für Ostendorff ist die einst ungenutzte Freifläche ideal, um Projekte durchzuführen oder den Sachunterricht praktisch gestalten zu können: „Die Kinder verstehen den biologischen Kreislauf aus Anpflanzen, Ernten und Kompostieren besser, wenn sie nicht nur über Pflanzen etwas hören, sondern mit anfassen können.“

Das Deutsche Kinder- und Jugendhilfswerk entscheidet über die Vergabe der Preise anhand verschiedener Kriterien. Dazu gehören unter anderem die Anregungsvielfalt der geplanten neuen Flächen auf dem Schulhof (Entspannung, Kommunikation, Bewegung fördern, als Treffpunkt geeignet sein und Möglichkeiten zum Rückzug bieten), die Natur- und Raumgestaltung (natürliche Materialien statt Beton, Metall, Plastik nutzen, je nach Standort geeignete heimische Pflanzen auswählen), Ökologie und Nachhaltigkeit (Einsatz nachwachsender Rohstoffe, Entfernung fester Bodenbeläge für mehr Versickerungsflächen) sowie die Gestaltbarkeit (Schüler sollen Räume verändern können). Auch die altersgerechte Anlage einzelner Räume und die Förderung von Bewegung und Entspannung unter anderem durch naturnahe Flächen, die zum Klettern, Laufen, Springen, Bolzen und Bewegen geeignet sind, wird bewertet.  

Das Unternehmen Bernd Merten aus dem niedersächsischen Hude plant und baut unter anderem Schaukeln, Drehscheiben und Schwunggeräte für Kindergärten, Schulen und öffentliche Räume. Seit 2019 steht auf dem Schulhof der Grundschule Platjenwerbe in Ritterhude ein 2,50 Meter hoher Spielturm, auf den Kinder über Leitern, Seil oder eine Kletterwand gelangen können. Runter geht es per Rutsche. „Lange Rutschen sind bei Kindern nach wie vor beliebt“, sagt Bernd Merten. Er setzt beim Material vor allem auf Robinienholz, das zwar teurer als andere Holzarten ist, aber dafür auch länger hält.

Für den Schulhof in Ritterhude hat Merten neben dem Spielturm auch eine Nestschaukel geliefert, wenn auch nicht mit voller Überzeugung: „Viele Kinder können nicht mehr schaukeln und richtig in Schwung kommen, weil es oft nur Vogelnestschaukeln zum Rundschaukeln gibt. Eine einfache Schaukel ist für die motorische Entwicklung wichtig. Es muss nicht immer das Modernste und Teuerste sein.“

Autor: Joachim Göres      

Kompakt
Das Deutsche Kinder- und Jugendhilfswerk und die Deutsche Umwelthilfe zeichnen besonders engagierte Schulen aus, die sich für attraktivere Schulhöfe einsetzen. Durch die finanzielle Förderung konnte eine kleine Grundschule in Thüringen ihren Schulhof in eine grüne Oase verwandeln. In einer Bremer Grundschule wurde auf einer lange nicht genutzten Freifläche ein Sinnesgarten angelegt. Er ist bei vielen Kindern beliebt, weil es dort deutlich leiser zugeht als auf dem eigentlichen Schulhof.