Sprachbewusstheit und Sprachlernkompetenz

Autorin: Melanie Arriagada

Sprachbewusstheit und Sprachlernkompetenz: Was kann Digitalisierung für den Fremdsprachenunterricht leisten?
Die Digitalisierung hat das Potenzial, eine intensive Auseinandersetzung hinsichtlich des Gebrauchs der spanischen Sprache zu ermöglichen. Somit leistet sie einen Beitrag zur Förderung des Sprachbewusstseins im Fremdsprachenunterricht. Digitale Angebote finden sich in wachsender Zahl und werden zunehmend präziser im Hinblick auf z. B. grammatische Strukturen und Syntax. Was digitale Tools und Apps bisher aber (noch) nicht können, ist eine interkulturell und soziopragmatisch angemessene Übersetzung zu erstellen bzw. eine entsprechende Kommunikation zu führen. Fremdsprachenlernen stellt Lernende vor Herausforderungen, die nicht nur sprachlich, sondern auch interkulturell und textsortenspezifisch zu lösen sind. Digitale Werkzeuge können eine Handlungs- und interkulturelle Problemlösekompetenz fördern und also dabei helfen, Kommunikationsprozesse zu bewältigen. Eine reflektierte Auseinandersetzung mit Übersetzungen oder Wörterbucheinträgen digitaler Werkzeuge in Bezug auf einen angemessenen Sprachgebrauch verlangt von den Schülerinnen und Schülern jedoch nicht nur fundiertes Wissen hinsichtlich der sprachlichen Phänomene, sondern setzt ein Bewusstsein über die Beziehung zwischen Sprache und Kultur voraus. Der Fremdsprachenunterricht kann den Lernenden die Chancen und Grenzen der jeweiligen digitalen Angebote veranschaulichen. Um die Lernenden zu einem kompetenten Umgang mit verfügbaren digitalen Angeboten zu befähigen, ist es sinnvoll, digitale Werkzeuge als Lerngegenstände im Fremdsprachenunterricht für die zielgerichtete Bewältigung kommunikativer Situationen einzusetzen und diesen Einsatz zu reflektieren.

Vorgehensweise zur Förderung der Sprachbewusstheit mithilfe digitaler Werkzeuge
Die Förderung der Sprachbewusstheit könnte durch die Nutzung verschiedener digitaler Werkzeuge anhand folgender Schritte erfolgen:
• Der Ausgangstext wird in das Übersetzungsfenster (z. B. von DeepL) kopiert oder geschrieben und direkt übersetzt.

• Eine anschließende Überarbeitung des Zieltextes ist unerlässlich, um eine interkulturelle und auch textpragmatische Angemessenheit zu gewährleisten.

• Diese Überarbeitung kann zunächst über das Tool selbst erfolgen, da dieses den Nutzern für ausgewählte Textpassagen oder einzelne Begriffe zahlreiche Auswahlmöglichkeiten anbietet.

• Diese Auswahl setzt jedoch eine Sprachbewusstheit seitens der Nutzer sowohl des für den Zieltext angemessenen Registers, der Lexik als auch der Strukturen und der sprachlichen sowie syntaktischen Korrektheit voraus (siehe hierzu auch „Interkulturelle Kompetenzen“).

• Sollten die Nutzer Schwierigkeiten bei der Auswahl des richtigen Begriffs haben oder sollte kein passender Begriff angezeigt werden, können weitere digitale Werkzeuge zu Hilfe genommen werden. Dies können spanisch-spanische bzw. spanisch-deutsche Online-Wörterbücher, die Internetseite der Real Academia Española (RAE) oder aber kontextualisierte Wörterbücher wie z. B. Linguee sein, die zweisprachige (übersetzte) Satzpaare zur Verfügung stellen.

• Sollte es für Begriffe des Ausgangstextes kulturbedingt keine Entsprechung in der Zielsprache geben, ist eine Umschreibung des Begriffes seitens der Nutzer notwendig. Auch dies kann im Fremdsprachenunterricht entsprechend geübt werden. (Ein konkretes Beispiel für den Einsatz von Übersetzungstools im Spanischunterricht findet sich unter „Lehrwerksarbeit“, Unidad 5.)

Eine chilenische Stellenausschreibung als Beispiel
Ausgehend von einer nicht überarbeiteten Übersetzung einer Stellenausschreibung aus Chile wird gezeigt, wie der Sprachvergleich zwischen Eingangs- und Ausgangstext zur Entwicklung einer Sprachbewusstheit beitragen kann und welche Synergieeffekte durch die kombinierte Nutzung solcher Angebote geschaffen werden können. Darüber hinaus bietet die Analyse einer Stellenanzeige auch interessante Möglichkeiten des interkulturellen Vergleichs: So kann zum Beispiel über die Angemessenheit der Anforderungen an die Bewerberin (Geschlecht, Wohnort bzw. sozialer Status) diskutiert werden. Die vom Übersetzungsprogramm erstellte und nicht überarbeitete Übersetzung liefert uns eine abenteuerliche, wenn nicht gar bizarre Stellenausschreibung: Die Kandidatin muss dabei nicht nur im „Orient“ leben, sie sollte sich auch selbst „mobilisieren“ können. Sie wird darüber hinaus „wachsen“ und – sollte alles zu einer zu großen Herausforderung werden – bekommt sie „Tabletten“ vom Arbeitgeber. Dieser Text entspricht der Originalstellenausschreibung natürlich nicht. Die Korrektur der Übersetzung erfordert ein Verständnis des Originals, das Wissen um die Textsorte und den beschriebenen Tätigkeitsbereich, aber auch soziokulturelles Orientierungswissen, um den Ausschreibungstext auf Deutsch kultursensibel und angemessen zu formulieren. Klicken Sie auf die deutsche Übersetzung und erfahren Sie, wie Ihre Schülerinnen und Schüler zur bestmöglichen Übersetzung hingeführt werden können.



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